PREDIGT IM RAHMEN DER ERÖFFNUNG DER WALLFAHRTSZEIT UND DES „JAHRES DER OASE“
Predigt im Rahmen der Eröffnung der Wallfahrtszeit und des „Jahres der Oase“
Wallfahrtskirche Kamp Bornhofen, Donnerstag 01. Mai 2025, 10:30 Uhr
Es gilt das gesprochene Wort.
In diesem Jahr sehen wir hier in Kamp-Bornhofen auf das Symbol der Oase, der Quelle in der Wüste, dem Ort des Lebens. Die Wüste galt als feindliches Gelände, sie fasziniert und ängstigt den Menschen gleichermaßen. Der biblische Wüstenzug des Volkes Gottes durch die Wüste nach der Befreiung aus Ägypten ist ein Bild für das Leben vieler Menschen, damals und heute. Auf diesem Weg gibt es Gefahren, die Versuchung, aufzugeben, die neue Hoffnung auf ein Land des Lebens. Dauerhaftes Leben in der Wüste ist nur möglich, wenn es Oasen gibt. Der Mensch in der Wüste ist immer unterwegs, bestenfalls mit der Hoffnung auf einen Ort des Lebens. So viele Menschen leben in der Wüste. Und es gibt vielerlei Arten von Wüsten.
Es gibt die Wüste der Armut, die Wüste des Hungers und des Durstes. Es gibt die Wüste der Verlassenheit, der Einsamkeit, der zerstörten Liebe. Es gibt die Wüste des Gottesdunkels, der Entleerung der Seelen, die nicht mehr um die Würde und um den Weg des Menschen wissen. So formulierte einst Papst Benedikt in seiner Antrittspredigt als Papst in Rom. Wir können ergänzen: Es gibt die Wüsten in den Städten, wo der eine den anderen nicht kennt. Wir erleben die Wüsten schrecklicher Kriege in diesen Jahren, und ein wirkliches Ende ist nicht absehbar. Wir erleben Wüste in unserer Kirche, wo das Leben oft zu schwinden scheint. Jeder von uns hat seine eigenen Wüstenzeiten, mal kleiner, mal größer. Die Bild der Wüste ist der Bibel sehr wertvoll. Zunächst einmal beschreibt es sicher die Erfahrung einer unheilen Welt. Wir müssen dies nicht mehr aktualisieren.
Allerdings wird gerade die Wüste zu einem Bild der neuen Hoffnung, des neuen Anfangs. Manchmal ist die biblische Hoffnung geradezu verrückt. Wo es menschlich betrachtet so ausweglos, so trocken und verzweifelt erscheint, richtet sich der Blick auf neues Leben.
Für das Volk Gottes ist die Wüste der Ort der Erfahrung, dass Gott mitgeht. Es wäre zu wenig, nur die schlimmen Seiten der Wüste unserer Welt zu beschreiben. Als das Volk Israel aus Ägypten auszieht, geht es in eine Zeit voller Unsicherheiten, in eine unklare Zukunft. 40 Jahre wird es durch die Wüste ziehen, mal ohne Hoffnung, mal ohne Ziel, aber immer mit Gott an der Seite. In der Nacht im Bild des Feuers, am Tag im Bild der Wolke. Unerkennbar, aber wirklich ist Gott bei den Menschen.
Christlicher Glaube ist wirklich manchmal verrückt. Wenn die Wüste am größten, ist Gott am nächsten. Wir sind nie allein. Wenn es am schwersten wird, habe ich dich auf Adlerflügeln getragen, so formuliert die Bibel die Erfahrung glaubender Menschen. Es gibt eine Welt, die Wüste ist, aber keine gottlose Welt.
In der Wüste muss ich ein Gespür entwickeln für die Quellen. „Die äußeren Wüsten wachsen in der Welt, weil die inneren Wüsten so groß geworden sind“, sagte Papst Benedikt. Umgekehrt gilt aber auch, wo Menschen ihre Quellen entdecken, kann Wüste wieder leben. Eine Wüstensituation wird erst dann ausweglos, wenn wir keine Quellen mehr in uns tragen, die uns leben helfen.
Das Glaubensleben ist eine solche Einladung zur Quellensuche. Natürlich bietet sich der Glaube an einen liebenden Gott als solche Quelle an. Wenn Gott wirklich da ist, gibt es keine völlige Einsamkeit, gibt es keine letzte Sinnlosigkeit. Glaube ist Quelle, ist Fundament, ist Ziel und Ermutigung zu neuem Aufbruch. Die größte Not unserer Welt ist dann die Orientierungslosigkeit. Man steht vor der Quelle, aber kann nicht glauben. Dafür bedarf es glaubender Menschen, die zeigen, dass in ihnen Quellen fließen, die auch anderen leben helfen.
Immer weniger Menschen bekennen im Westen einen Glauben an Gott. Umso wichtiger werden Menschen, die anderen Leben bezeugen und vermitteln. In diesem Jahr leben wir das Heilige Jahr als Pilgerinnen und Pilger der Hoffnung. Worte belehren, Beispiele ziehen an und ermutigen. Vor einiger Zeit habe ich ein Buch über eine Heilige neuerer Zeit gelesen. Sie ist für mich eine Oase der Hoffnung: Ich meine die von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochene Sudanesin Giuseppina Bakhita. Ihr Fest feiert die Kirche am 8. Februar. Sie war ungefähr – das genaue Datum kannte sie nicht – 1869 in Darfur geboren. Mit neun Jahren wurde sie von Sklavenhändlern entführt, blutig geschlagen und fünfmal auf den Sklavenmärkten des Sudan verkauft. Zuletzt war sie als Sklavin der Mutter und der Gattin eines Generals in Diensten und wurde dabei täglich bis aufs Blut gegeißelt, wovon ihr lebenslang 144 Narben verblieben. 1882 wurde sie schließlich von einem italienischen Händler gekauft. Hier lernte Bakhita schließlich nach so schrecklichen „Patronen“, denen sie bisher unterstanden war, einen ganz anderen „Patron“ kennen – den lebendigen Gott, den Gott Jesu Christi. Bisher hatte sie nur Patrone gekannt, die sie verachteten und misshandelten oder bestenfalls als nützliche Sklavin betrachteten. Aber nun hörte sie, dass es einen „Patron“ über allen Patronen gibt, den Herrn aller Herren und dass dieser Herr gut ist, die Güte selbst. Sie erfuhr, dass dieser Herr auch sie kennt, auch sie geschaffen hat – ja, dass er sie liebt. Auch sie war geliebt, und zwar von dem obersten Patron, vor dem alle anderen Patrone auch nur selber armselige Diener sind. Sie war gekannt und geliebt und wurde erwartet. Ja, dieser Patron hatte selbst das Schicksal des Geschlagenwerdens auf sich genommen und wartete nun „zur Rechten des Vaters“ auf sie. Nun hatte sie „Hoffnung“ – nicht mehr bloß die kleine Hoffnung, weniger grausame Herren zu finden, sondern die große Hoffnung: Ich bin definitiv geliebt, und was immer mir geschieht – ich werde von dieser Liebe erwartet. Und so ist mein Leben gut. Durch diese Hoffnungserkenntnis war sie „erlöst“, nun keine Sklavin mehr, sondern freies Kind Gottes. Am 9. Januar 1890 wurde sie getauft und gefirmt und empfing die erste heilige Kommunion aus der Hand des Patriarchen von Venedig. 1896 legte sie in Verona die Gelübde der Canossa-Schwestern ab und hat von da an vor allem in verschiedenen Reisen in Italien zur Mission zu ermutigen versucht: Die Befreiung, die sie selbst durch die Begegnung mit dem Gott Jesu Christi empfangen hatte, musste sie weitergeben, musste auch anderen, möglichst vielen, geschenkt werden. Die Hoffnung, die ihr zuteilgeworden war und sie „erlöst“ hatte, durfte sie nicht für sich behalten; sie sollte zu vielen, zu allen kommen. Gott selbst wurde eine Oase in einer schlimmen Wüste. Hoffnung und Leben erhielt sie durch den Glauben daran, dass sie eine unendliche Liebe begleitet.
Wenn Papst Franziskus uns auf den Weg der Hoffnung einlud, hatte er genau diese Glaubenserfahrung im Sinn. Wir sind begleitet und geliebt, Gott selbst verlässt uns nicht in den Wüsten unserer Tage. In dieser Hoffnung ist er sicher auch gestorben, er durfte uns am Ostersonntag noch segnen. Der Psalm 107 besingt die Hoffnung auf diesen Gott mit dem Bild der Oase in der Wüste: „Dankt dem HERRN, denn er ist gut, denn seine Huld währt ewig. So sollen sprechen die vom HERRN Erlösten, die er erlöst hat aus der Hand des Bedrängers. Er hat sie aus den Ländern gesammelt,/ vom Aufgang und vom Untergang, von Norden und vom Meer her. Sie, die umherirrten in der Wüste, im Ödland, und den Weg zur bewohnten Stadt nicht fanden, die Hunger litten und Durst, denen das Leben dahinschwand. Sie schrien zum HERRN in ihrer Bedrängnis und er entriss sie ihren Nöten, er führte sie auf geraden Wegen, sodass sie zur bewohnten Stadt gelangten. (…) Er macht Ströme zur dürren Wüste, Oasen zum dürstenden Ödland, fruchtbares Land zur salzigen Steppe, wegen der Bosheit seiner Bewohner. Er macht Wüste zum Wasserteich, verdorrtes Land zu Oasen. Dort ließ er Hungernde wohnen, die eine bewohnte Stadt errichteten, die Felder bestellten, Weinberge pflanzten und reiche Ernte erzielten.“
Ich habe von der ehemaligen Sklavin Josephine Bakhita erzählt. Sie lernte Menschen kennen, die ihr diese Liebe vermittelten und damit zur Oase wurden. Menschen können anderen zum Lebensort in der Wüste werden, das ist unsere Berufung. Immer wieder brauchen wir Oasen.
Ich denke, dass dieser Ort, an dem wir die Gottesmutter verehren, zahlreichen Menschen zur Oase geworden ist und bleiben wird. Die Stille kann immer wieder zur Oase werden, wo wir zur Ruhe kommen und uns beschenken lassen. Aber auch das Lesen, die Musik, das Gehen, Wandern und Pilgern, gute Gewohnheiten und Rituale, Liebe und Freundschaften, die wir pflegen müssen und für sie dankbar sein dürfen, ein gutes Essen, das wir genießen, und vieles andere mehr können zu Oasen werden. In vielen Situationen berührt uns Gott, und er gibt uns Kraft auf dem Weg durch die Wüste. Heute danken wir für seine Nähe und Liebe, an diesem Segensort, an dieser Oase des Glaubens. Wir tragen Gott und der hier verehrten Mutter Gottes nicht nur unsere Wüsten vor, sondern auch die Wüsten unserer Zeit und die Menschen, die keine Hoffnung haben. Sie sind nicht vergessen. Vielleicht ist dies der wichtigste Dienst glaubender Menschen in dieser Zeit: stellvertretend zu glauben und zu hoffen, und selbst zu versuchen, anderen zur Oase zu werden, die ihnen leben hilft. Allen, die dies versuchen, möge Gott seinen Segen geben.
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