Jubiläum im Kloster: Seit 25 Jahren polnische Patres in Bornhofen (Rhein-Zeitung vom 30.09.23)

Von Ulrike Bletzer (Rhein-Zeitung)

Foto: Ulrike Bletzer

Denn die Franziskaner der Thüringischen Ordensprovinz, die das Kloster Bornhofen Ende des 19. Jahrhunderts nach den unruhigen Zeiten des Kulturkampfs wiederbesiedelt hatten, wurden immer weniger – und waren schließlich so wenige, dass an ein Weiterbetreiben nicht mehr zu denken war. So übergaben sie das Kloster im Oktober 1998 an ihre Glaubensbrüder von der Krakauer Franziskanerprovinz Immaculata Conceptionis.

Über die Herausforderungen eines Neustarts in einer fremden Kultur

Moment mal, im Oktober 1998? Ja, genau: In Kürze feiern die polnischen Patres in Bornhofen ihr Silberjubiläum – und laden für Dienstag, 3. Oktober, den Tag des Franziskusfestes also, dazu ein, gemeinsam mit ihnen auf die Anfänge zurückzublicken und in Erinnerungen zu schwelgen. Um 18 Uhr beginnt in der Klosterkirche ein Pontifikalamt mit dem Weihbischof des Bistums Limburg, Thomas Löhr. An die Messe schließt sich ein Festkommers in den Räumlichkeiten des Klosters an.

25 Jahre – eine lange Zeit. Von Anfang an dabei sind Pater Eryk, der heutige Guardian des Klosters, und Pater Desiderius, der, wie er erzählt, ursprünglich nur ein Jahr in Deutschland bleiben wollte. 2007 kam Pater Hugon, im Juli 2014 als vorläufig Letzter Pater Marcjan. Er habe gern Ja gesagt, als der Provinzial ihn damals gefragt habe, blickt Pater Hugon zurück: „Ich habe es als eine Fügung Gottes verstanden, für die ich sehr dankbar bin – und das meine ich genau so, wie ich es sage.“

Und Pater Eryk? „Es hat mich gereizt, etwas Neues auszuprobieren und eine andere Kultur kennenzulernen“, sagt er. Auch wenn es am Anfang natürlich schon den einen oder anderen Fallstrick gab. Er habe zwar, über einen viermonatigen Vorbereitungskurs in Wien hinaus, schon in der Schule Deutschunterricht gehabt, erzählt Pater Eryk: „Aber dort hat man uns eine völlig falsche Aussprache beigebracht, sodass es mit dem Sprechen anfangs wirklich schwierig war.“ Startschwierigkeiten, die nach kurzer Zeit bewältigt waren – genauso wie die Herausforderung, mit der in Teilen gewöhnungsbedürftigen Mentalität der Deutschen klarzukommen. „Hier muss alles bis ins letzte Detail organisiert werden“, beobachtet Pater Eryk. In Polen plane man zwar auch, aber: „Wir improvisieren sehr viel mehr und nehmen auch mal eine Abkürzung. Mit der Zeit habe ich aber die Vorteile des gründlichen Organisierens schätzen gelernt.“

Wie sie damals, 1998, hier empfangen wurden? „Von einem großen Teil der Bevölkerung sehr herzlich. Natürlich hat es auch welche gegeben, die uns erst mal skeptisch beäugt haben – aber das hat sich schnell gelegt.“ Längst empfinde er Deutschland als sein Zuhause, sagt Pater Eryk, der nicht zuletzt auch von den Marienbildern und -figuren hier fasziniert ist. Einen besonderen Stellenwert nimmt in diesem Zusammenhang natürlich das Gnadenbild in der Bornhofener Wallfahrtskirche ein. „Angehörige aller Religionen kommen hierher, um es zu sehen, und zünden eine Kerze an“, freut er sich.

Ohne Unterstützung geht’s nicht: Vier Patres leben in Bornhofen

Fast überflüssig zu erwähnen, dass auch das – vor einem Vierteljahrhundert gewonnene – neue Zuhause nicht frei von Problemen ist. Eines davon: Die Arbeit, für die zu den besten Zeiten sieben Patres und ein Franziskanerbruder da waren, verteilt sich mittlerweile auf gerade einmal vier Schulterpaare. Während seine drei Mit-Patres als Seelsorger in der Pfarrei Heilige Elisabeth von Schönau tätig sind, ist Pater Eryk allein für den Wallfahrtsort Bornhofen zuständig. „Da stoße ich manchmal schon an meine Grenzen“, räumt er ein. Zwar gibt es den Freundeskreis der Franziskaner im Wallfahrtskloster Bornhofen rund um seinen Ersten Vorsitzenden Hartmut Hülser, der mit anpackt, wo er nur kann. „Aber wir haben kaum junge Leute, die uns unterstützen“, sagt Pater Eryk.

Das zweite Problem: Seit 2017 geht die Zahl der Pilger jedes Jahr um circa 20 Prozent zurück. Für Pater Eryk ist das, wen überrascht es, kein Grund zum Resignieren. Ein Stück weit als Alternative zu den großen Wallfahrten, die es kaum noch gibt, hat er die Jahresausstellungen auf dem Marienplatz ins Leben gerufen. Deren Ziel: die Menschen in einer Zeit, in der vor allem viele Jüngere sehr fern vom Glauben leben, über alltägliche christliche Symbole, die sie aus ihrem eigenen Leben kennen, dennoch für die christliche Religion und Kultur zu interessieren.

Anreize zum Nachdenken: Die Idee hinter der Jahresausstellung

Die Ausstellungen seien sehr gut besucht, freut sich Pater Eryk: „Es ist schön, wenn Leute von hier etwas mit nach Hause nehmen können.“ Denn, das ist ihm wichtig zu betonen: „Für uns Franziskaner stehen die Menschen im Mittelpunkt, wobei wir auch für ihre Probleme ein offenes Ohr haben. So sollen sie es zur Sprache bringen dürfen, wenn sie – etwa nach einem Schicksalsschlag – von Gott enttäuscht sind.“ Die Menschen nicht indoktrinieren, sondern ihnen Anreize zum Nachdenken bieten – das ist auch die Intention hinter den Jahresausstellungen, von denen sich die aktuelle um das in der Bibel für Fülle und Vollkommenheit stehende Symbol des Honigs dreht.

Apropos: Jeder Gast, der die Jubiläumsveranstaltung am 3. Oktober besucht, bekommt von den Franziskanern einen kleinen Keramiktopf mit einem Gläschen Honig drin geschenkt. „Das Geschenk ist ein äußeres Zeichen für unsere Dankbarkeit“, sagt Pater Eryk, „dafür, dass uns die Menschen hier so herzlich aufgenommen haben und wir seit 25 Jahren so viel Positives erfahren dürfen.“

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